„Ruhe bewahren! Es gibt ein Formular dafür!
Das Bürokratieentlastungsgesetz im Vereinsleben
Wer kennt es nicht, Ideen umzusetzen, ist in Deutschland nicht immer einfach. Es bedarf hier eines Antrages, dort muss noch ein Formular ausgefüllt werden und losgehen kann es erst, wenn die Genehmigung vorliegt. Dabei mahlen die Mühlen der Verwaltung derart langsam, dass von der ersten Idee bis zur Umsetzung viel Zeit vergehen kann. Auch die Änderung dieser Abläufe bedarf wieder eines – Bürokratie. „Das Tempo der Bundesregierung beim Bürokratieabbau ist so langsam, dass man ihr beim Gehen die Schuhe besohlen könnte.“ (Birgit Homburger)
Entlastung im Vereinsleben
Die Vereine in Deutschland sind – meist - ehrenamtlich geführte Organisationen. Es finden sich Menschen mit gleichen Interessen zusammen, die neben dem beruflichen Alltag in ihrer Freizeit im Rahmen der Vereinstätigkeit mit verschiedenen bürokratischen Hürden konfrontiert sind, die ihre Ressourcen belasten können und das eigentliche Vereinsleben dadurch gefährden bzw. unattraktiv machen. Das Bürokratieentlastungsgesetz wird auch im Vereinsleben einiges erleichtern und durch die Vereinfachung in der Verwaltung die Aufgaben eines Vereinsvorstandes attraktiver und weniger umständlich gestalten.
Vereinen wird das Gesetz insbesondere in den nachfolgenden Punkten helfen:
1. Erleichterung bei der Satzungsänderung und Vereinsrecht
Durch das Absenken des Schriftformerfordernisses in das Textformerfordernis soll das Vereinsleben erleichtert werden. Das Bürokratientlastungsgesetz setzt an einigen Stellen im BGB an und tauscht im BGB in vielen Normen das Schriftform- in das Textformerfordernis aus. Das Schriftformerfordernis setzt eine eigenhändige Unterschrift voraus, während die Textform den Namen des Erklärenden lediglich auf einem dauerhaften Datenträger gespeichert benötigt. Zur Einhaltung der Textform genügt daher eine Erklärung per E-Mail, SMS oder E-Mail, sogar WhatsApp.
Beschlüsse, die ein Verein ohne eine Mitgliederversammlung gefasst hatte, bedurften bisher der Schriftform. Zudem setzte die Änderung des Satzungswecks die Zustimmung aller Mitglieder in Schriftform voraus.
Zukünftig können nach § 32 Abs. 3 BGB und § 33 Abs. 1 BGB Beschlüsse ohne Versammlung auch ihre Gültigkeit erhalten, wenn alle Mitglieder in Textform zustimmen. Der Vereinszweck kann durch eine die Zustimmung der Mitglieder in Textform geändert werden. Dies erleichtert Vereinen nicht nur die Änderung des Vereinszwecks im Rahmen der Satzungsänderung, sondern ermöglicht ihnen auch einen einfacheren und schnelleren Vorstandswechsel per Beschluss.
Dies dürfte gerade kleinen Vereinen eine große Hilfe sein.
Für eine abgegebene Erklärung in Textform reicht Folgendes aus:
- Lesbarkeit der Erklärung
- Identifikation der Person des Erklärenden
- Aufbewahrung/ Speicherung der Erklärung
- Möglichkeit der unveränderbaren Wiedergabe
- Erklärungsende der Nachricht
2. Satzungsregelungen
Von gesetzlichen Vorschriften kann, wenn § 40 BGB dies gestattet, abgewichen werden. Vereine sollten daher nunmehr prüfen, ob sie in ihrer Satzung von den gesetzlichen Formvorschriften abweichen oder nicht. Eine gesetzliche Formvorschrift existiert beispielsweise nicht für die Einladung einer Mitgliederversammlung. Diese ist daher in der Satzung festzuhalten. Deswegen wäre, trotz Gesetzesänderung, eine Einladung zur Mitgliederversammlung per E-Mail formunwirksam, wenn die Satzung diesbezüglich keine Regelung trifft.
Vereine sollten auch prüfen, wann sie auf die erleichterten Formvorschriften zugreifen. So gilt zwar, dass je weniger bürokratisch der Verein auftritt, desto attraktiver wird seine Außendarstellung. Es kann aber Beispiele geben, in denen eine Schriftform – auch auf Grund der Beweisbarkeit – von Vorteil ist. Hinzukommt, dass manche Entscheidungen, beispielsweise Aufnahme und Austritte aus dem Verein oder Minderheitenbegehren durch das Schriftformerfordernis vielleicht nicht so leicht ermöglicht werden und durch die größere Hürde nicht zu einer leichten und ggfs. unüberlegten Entscheidung werden.
Fazit:
Das Bürokratieentlastungsgesetz kommt auch Vereinen zugute, indem es insbesondere im Hinblick auf die Veränderung der Schriftform zu Textform eine Erleichterung darstellen kann. Vor allem kleinere und ehrenamtlich geführte Vereine profitieren von den Vereinfachungen, da diese den administrativen Aufwand und die Kosten verringern und so mehr Ressourcen für die eigentliche Vereinsarbeit und das Engagement im Gemeinwohl freisetzen können. Gleichwohl ist der Verein in seiner Arbeit der Entbürokratisierung nicht an den Gesetzgeber gehalten, sondern kann auch im Rahmen seiner eigens gestalteten Satzung für ein leichtes und attraktives Vereinsleben Sorge tragen.
Allgemeines über das Gesetz
Die Regierung die Kritik zu Herzen genommen und unter der Headline „Bürokratie abbauen – Wirtschaft entlasten“ nunmehr im Bundestag am 26. September 2024 das Bürokratieentlastungsgesetz verabschiedet, das am 31. Oktober in Kraft getreten ist. Das Gesetz zur Entlastung von Unternehmen und Bürokratie zielt darauf ab, die bürokratischen Vorgänge für Unternehmen und Selbstständige zu reduzieren und die Prozesse zu vereinfachen. Dabei soll diesen durch die Vereinfachung der Abläufe und Regeln mehr Zeit für die wichtigen Dinge – ihre eigentlichen Tätigkeitsfelder – verbleiben, die wiederum gerade kleine Unternehmen wettbewerbsfähiger werden lassen und dies schlussendlich die Wirtschaft fördert.
Erreicht werden soll dies durch folgende Aspekte:
- Kürzere Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege: statt 10 nunmehr 8 Jahre, womit die Kostenersparnis für Lagerungskosten einhergeht (gilt nur für Buchungsbelege, für alle anderen steuerlichen Unterlagen ändert sich nichts!)
- Zentrale Datenbank für Steuerberater: Speicherung von Generalvollmachten in zentraler Datenbank macht Erstellen einzelner schriftlicher Vollmachten für jeden Träger sozialer Sicherung unnötig
- Mehr digitale Rechtsgeschäfte: hier soll die Schriftform durch die Textform ersetzt werden, was zu einer spürbaren Erleichterung führt. So können insbesondere die Erstellung von Betriebskostenabrechnung rein digital für alle eine Erleichterung sein. Gleiches gilt für den digitalen Arbeitsvertrag, der eine schnellere und kostengünstigere Information der Arbeitnehmer über die wesentlichen Bedingungen ermöglicht.
- Erleichterung von Hauptversammlungen der Gesellschaften: erforderliche Unterlagen müssen nur noch digital auf einer Internetseite zur Verfügung gestellt werden
- Digitale Bereitstellung der Steuerbescheide und Steuerverwaltungsakten
Zusammengefasst sollen die Abläufe in Deutschland durch Reduzierung von Pflichten und Einführung digitaler Verwaltungsverfahren vereinfacht werde und somit Prozesse erleichtern, die die Wirtschaft nicht nur entlasten, sondern auch das Wachstum fördern.
Autorin: Dr. Ariane Bertram