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Konfliktdynamik / Eskalationstufen im Konflikt

Konflikte beginnen nicht im Eskalationsstadium, sondern sie entwickeln sich dynamisch nach einer sozusagen typischen Reihenfolge. Hierzu können Konflikte in unterschiedliche Phasen eingeteilt werden. Die nachfolgenden neun Stufen der Eskalation werden häufig verwendet, um die Verschlimmerung eines Konflikts oder einer Auseinandersetzung zu beschreiben. Jeder Stufe sind ein praktisches Beispiel und ein möglicher Lösungsansatz hinzugefügt.

Konfliktstufen

Beschreibung

Lösungsansatz:

1. Latente Konflikte:

Ausgangsstufe, in der Konflikte noch nicht offensichtlich sind, sondern sich unter der Oberfläche aufbauen.

 

Beispiel: Es können in einem Verein latente Konflikte zwischen Ehrenamtlichen aufgrund unterschiedlicher Arbeitsstile oder Werte vorhanden sein.

Eine offene Kommunikation ist entscheidend. Regelmäßige Gespräche innerhalb des Vorstands und/oder den Abteilungen und das Schaffen einer offenen Atmosphäre können dazu beitragen, latente Konflikte frühzeitig zu identifizieren.

2. Wahrnehmbare Konflikte:

In dieser Stufe werden Konflikte offensichtlich, aber sie sind noch nicht eskaliert.

 

Beispiel: Ein Vorstandsmitglied fängt an, seine Unzufriedenheit zu einem anderen Vorstandsmitglied zu äußern.

In dieser Phase ist es wichtig, auf die Anliegen und Bedenken der Beteiligten einzugehen und nach Lösungen zu suchen, um den Konflikt zu entschärfen. Jemand muss also die Rolle als Mediator oder Konfliktberater einnehmen.

3. Eskalation:

Der Konflikt beginnt sich zu verschärfen und die Parteien werden emotionaler.

 

Beispiel: Bei einem Treffen mit den Jugendtrainern und der Abteilungsleitung kommt es zu einer lauten Auseinandersetzung zwischen zwei Teilnehmern.

In dieser Phase sollten Konfliktgespräche moderiert werden, um die Emotionen zu beruhigen und gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten.

4. Krisenpunkt:

Der Konflikt erreicht seinen Höhepunkt. In dieser Phase können die Beteiligten handgreiflich werden oder die ehrenamtliche Arbeit wird ernsthaft beeinträchtigt.

 

Beispiel: Trikots werden gekauft, obwohl kein Budget dafür freigegeben wurde. Nach einer emotionalen Auseinandersetzung möchte der Abteilungsleiter die Trikots „[…] auf jeden Fall behalten“ und der Kassierer wird die Rechnung „[…] auf gar keinen Fall von der Abteilungskasse bezahlen.“

In dieser Stufe ist es wichtig, die Sicherheit aller Beteiligten zu gewährleisten. Konfliktbeteiligte sollten getrennt werden und „neutrale“ Unterstützung in Form von Mediation oder Konfliktberatung ist dringend erforderlich.

5. Dekompression:

Nach einem Krisenpunkt kann es zu einer vorübergehenden Beruhigung kommen, wenn die Beteiligten erschöpft sind oder die Situation vorübergehend gelöst scheint.

 

Beispiel: (Fortführung Beispiel 4. Krisenpunkt) die Trikots werden verteilt und genutzt, die Rechnung wird nicht bezahlt. Alles scheint in Ordnung, bis die erst Mahnung zu der Trikotrechnung durch den Verkäufer gesendet wird.

Diese Phase bietet zwei Möglichkeiten. Zum einen die Möglichkeit, langfristige Lösungen zu entwickeln und sicherzustellen, dass ein solcher Konflikt nicht erneut entstehen kann (Thema: Abläufe, Genehmigungsprozesse usw.). Zum anderen bietet die vorübergehende Beruhigung die Möglichkeit, Lösungen zu entwickeln, damit der Konflikt nicht erneut eskaliert.

6. Akkumulation:

Wenn die Probleme nicht gelöst werden, können sich neue Konflikte sammeln oder alte wieder auftauchen. Dies kann zu einem erneuten Anstieg der Spannungen führen.

Es ist wichtig, die Lösungsansätze (kurz- und langfristige) zu kommunizieren und mithilfe der betreffenden Vereinsmitglieder auszugestalten, sodass sie innerhalb der Vereinsstrukturen funktionieren, ohne dass neue Konflikte zum Sachverhalt entstehen können. Wichtig ist auch, dass kritische Themen vorausschauend und proaktiv auf mögliches Konfliktpotential untersucht werden, gerade wenn neue Stellen im Verein geschaffen oder ein Wechsel von ehrenamtlichen Funktionen oder Aufgabenbereichen stattfindet.

7. Eskalation der Eskalation:

Der Konflikt nimmt wieder an Intensität zu und die Beteiligten könnten auf frühere „Verletzungen“ aufsetzen.

 

Beispiel:

(Fortführung Beispiel 4. Krisenpunkt): der Kassierer beschimpft den Abteilungsleiter, dass er die Mahnung nicht bezahlen wird und fordert die Rücksendung der Trikots, worauf der Abteilungsleiter erwidert, dass die Trikots sowieso nicht zurückgesendet werden können aufgrund der individuellen Gestaltung und da sie schon mehrfach getragen worden seien.

Eine erneute Eskalation erfordert eine schnelle Reaktion, um die Situation zu stabilisieren.

8. Chronischer Konflikt:

In dieser Phase kann der Konflikt zu einem dauerhaften Problem werden, das die Produktivität und das Arbeitsumfeld erheblich beeinträchtigt.

 

Beispiel:

(Fortführung Beispiel 4. Krisenpunkt) Der Kassierer bezahlt generell keine Rechnungen mehr für diese Abteilung und bricht die Kommunikation zum Abteilungsleiter ab. Der Abteilungsleiter spricht ebenfalls nicht mehr mit dem Kassierer und schickt Rechnungen irgendwann direkt an den 1. Vorsitzenden mit „Bitte um Bearbeitung“.

Ab hier ist es wichtig, die langfristigen Auswirkungen auf das Team und die ehrenamtliche Vereinsarbeit zu berücksichtigen. Eine umfassende Überarbeitung der Teamdynamik und der Vereinskultur kann erforderlich sein.

9. Auflösung oder Eskalation:

Schließlich wird der Konflikt entweder erfolgreich gelöst, oder er eskaliert weiter und führt möglicherweise zur Trennung der beteiligten Parteien oder zu anderen schwerwiegenden Konsequenzen.

Die Auflösung erfordert in der Regel eine umfassende Lösung, die die Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigt und sicherstellt, dass ähnliche Konflikte in der Zukunft vermieden werden.

Tabelle 3 Neun Konfliktstufen

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Konflikte zwangsläufig durch alle neun Stufen gehen. Ein rechtzeitiges Erkennen und angemessenes Handeln in den frühen Stadien können dazu beitragen, Eskalation zu verhindern oder zu minimieren.